Von der Gelassenheit

Klimarettung, Buddhismus, Islam … der westliche Mensch wirkt, als wäre er getrieben. Er sucht und kann nicht finden. Erst kürzlich hörte ich von einer Bekannten, die seit Jahren in einem Wohnwagen durch die Welt tingelt: „Ich war bei diesem Meditationskurs …“, erzählte sie, „ich war in der Türkei, da habe ich den Muezzin rufen hören, das ließ mir wohlige Schauer über den Rücken laufen …, ich habe …, ich, ich, ich …“

Was hat es mit diesem „Ich“ auf sich? In der Kathedrale zu Chartres findet sich ein Labyrinth. Wer es betritt, heißt es, findet seinen Weg zu Gott. Doch warum ist der Weg zu Gott so krumm und gewunden?

„Was ist nun das, was den Menschen auf Irrwege führt und ihn der Seligkeit beraubt? Das ist ausschließlich das letzte ‚Ich‘“, schreibt Heinrich von Seuse. Wenn also in der Mitte des Labyrinths der dreieinige Gott auf uns wartet, dann ist der Irrweg, der uns am Wiederfinden Gottes hindert, unser Ich.

„Unser Heil liegt darin, dass wir wegblicken von uns selbst und zu Gott kommen. Das christliche Leben ist die Vereinigung mit Gott. Christus nachzufolgen, das ist das wahre Leben, und man muss es leben, um Christus zu kennen. Es erschließt sich nur dem Liebenden“, schreibt Beile Ratut in „Das Fanal des Ego auf den Stufen zur Kirche“.

Denn nur der Mensch, der von seinem „Ich“ gelassen hat, wie Paulus schreibt: „Ich lebe, aber nicht ich, sondern Christus lebt in mir“, kann zur Mitte des Labyrinths vordringen und zur Gelassenheit finden. So schreibt Heinrich von Seuse: „Das Tun eines wirklich gelassenen Menschen ist sein Lassen, und sein Wirken ist sein Untätig-Bleiben, denn in seinem Tun bleibt er in der Ruhe und in seinem Wirken in der Untätigkeit.“

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