Leitkultur?

Da die CDU alle Jahre wieder bei anschwellendem Bocksgesang die Leitkulturdebatte ins Spiel bringt. Das ist, wie die CDU das meint, natürlich Unfug. Dennoch gibt es Beispiele, dass das funktionieren kann:

Bei meinem ersten Besuch in Wales strandete ich mit einem Platten und unzureichendem Ersatzreifen im walisischen Hinterland. Bei einer Werkstatt angekommen frage ich den Besitzer auf Englisch, ob er einen Ersatzreifen hätte. „No English“, kam die gebrochene Antwort zurück. Der Besitzer musste seinen Vater holen, da er selbst nur Walisisch und kein Englisch sprach, bzw. sprechen wollte.

Dies ist das Ergebnis der Einführung einer walisischen Leitkultur in Wales. Die walisische Sprache ist neben Latein und Griechisch eine der ältesten europäischen Literatursprachen. Sie überlebte die römischen Besatzer, denn die Waliser ließen sich nicht romanisieren, wie Spanier oder Franzosen, sie überlebte ebenso die französisch sprechenden Normannen und die Eroberung und Unterwerfung durch die Angelsachsen.

Nachdem um 1900 noch gut die Hälfte der Landesbewohner Walisisch sprachen, war jedoch das Walisische in den 1970ern beinahe ausgestorben. Erst durch die Einführung einer walisischen Leitkultur wurde es Unterrichtsfach auch an Engländerschulen und Zwangssprache im öffentlichen Dienst. Inzwischen sprechen wieder 30 Prozent der Bevölkerung Walisisch.

Das Bild zeigt die Burg Caernarfon. Hier werden traditionell als Zeichen der Unterwerfung der Waliser die englischen Thronerben zum Prinzen von Wales gekrönt.

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