Schopenhauer und der Nationalismus

Der linke Mainstream liest zwar keine Bücher, „zitiert“ aber regelmäßig Schopenhauer und glaubt, mit einem Flair von Bildung hiermit die „Demokratie“ gegen den „Nationalismus“ zu verteidigen. Witzigerweise ist jedoch genau das Gegenteil von dem gemeint, was das „Zitat“ zu sagen scheint:

„Die wohlfeilste Art des Stolzes ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte. Jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation stolz zu sein.“

Davon abgesehen, dass dieses Zitat fehlerhaft und unvollständig ist, meinte Schopenhauer als Anhänger der preußischen Monarchie mit dem nationalistischen „erbärmlichen Tropf“ genau jene liberalen Demokraten, die 1848 für ein vereintes, demokratisches Deutschland auf die Barrikaden gingen.

Entsprechend heißt es im Text weiter:

„Die Deutschen sind frei von Nationalstolz und legen hierdurch einen Beweis der ihnen nachgerühmten Ehrlichkeit ab; vom Gegenteil aber die unter ihnen, welche einen solchen vorgeben und lächerlicher Weise affektiren; wie dies zumeist die »deutschen Brüder« und Demokraten tun, die dem Volke schmeicheln, um es zu verführen.“

Es stammt also nicht nur die heutige Deutschlandfahne von jenen „erbärmlichen Tröpfen“ ab: Die damaligen Patrioten, die sich für eine Vereinigung der in zig einzelne Fürstentümer und Königreiche zergliederten deutschen Länder zu einem einzigen demokratischen Nationalstaat einsetzten, galten jahrzehntelang im offiziellen Narrativ der BRD als Begründer der demokratischen Tradition in Deutschland und wurden entsprechend gefeiert.

Schopenhauer jedoch klatsche Beifall, als diese zarten Anfänge der Demokratie von preußischen Soldaten von den Barrikaden geschossen wurden und spendete Geld für die Witwen jener Soldaten, die bei den Straßenkämpfen ums Leben kamen.

Das fehlerhafte Schopenhauerzitat findet sich z.B. hier:

https://www.deutschlandfunk.de/zwischen-patriotismus-und-nationalismus-100.html

Literatur:

Arthur Schopenhauer, Aphorismen zur Lebensweisheit

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