„Sozial-patriotisch“: Weg zum Erfolg für die AfD?

Nach dem schlechten Abschneiden der AfD in Hamburg forderte Benedikt Kaiser in der Sezession eine Neuausrichtung der AfD auch im Westen:

„Es spricht also alles dafür, das solidarisch-patriotische Erfolgsrezept aus dem Osten auch in [den] westlichen Bundesländern zu versuchen, um nicht »das Bürgertum«, sehr wohl aber »das Volk« (die populären Klassen, d. h. Unter- und abstiegsbedrohte Mittelschichten) zu erreichen.“

Die AfD solle sich endgültig von der anfänglich bürgerlich-liberalen Ausrichtung der AfD unter Bernd Lucke verabschieden, um eine breitere Wählerbasis zu erreichen. Denn, so schreibt Benedikt Kaiser weiter:

„Überall dort, wo die AfD bemüht »bürgerlich« und »liberalkonservativ« agiert, also Liberale und Christdemokraten einer angeblich besseren Vergangenheit imitiert, nähert sie sich den 4-5 Prozent der verblichenen Lucke-AfD an.“

Dass diese „solidarisch-patriotische“ Neuausrichtung auch im Westen Erfolg haben wird, liegt auf der Hand. Schließlich hat die traditionelle Linke längst ihr ursprüngliches Klientel: Arbeitnehmer, kleine Rentner und das Prekariat aufgegeben. SPD und Die Linke haben sich der grünen Identitätspolitik angeglichen und vertreten die Interessen modischer „Opfergruppen“ wie Transgender, Geflüchtete oder Veganer (die sich durch Fleischesser bedroht fühlen.)

Sozialleistungsempfänger, Senioren mit kleiner Rente hingegen oder auch der Kassierer an der Supermarktkasse, fühlen sich durch SPD oder Die Linke nicht mehr vertreten.

Diese gesellschaftlichen Gruppen bilden jedoch ein großes Wählerpotential, das aufgrund seiner Unzufriedenheit leicht, schon alleine aus Protest, sein Kreuz bei der AfD machen wird. Benedikt Kaiser sieht auf diese Weise für die AfD die Chance, auch im Westen 20 Prozent und mehr zu erringen:

„Überall dort, wo die AfD solidarisch-patriotische Ansätze vertritt, also vermeintlich (!) linke, soziale Programmatik (Solidarität, soziale Sicherheit, Kritik der Ellbogengesellschaft usw.) mit rechten Themen (Migration, innere Sicherheit, Kritik des linksliberalen Einheitsbreis usw.) synthetisiert, hat sie die 20-Prozent-Marke überschritten und wächst quantitativ wie qualitativ.“

Höchstwahrscheinlich dürfte er mit dieser Diagnose richtig liegen:

1.) Ein Sozialstaat lässt sich nur im Rahmen einer relativ restriktiven Einwanderungspolitik aufrechterhalten. Merkels „Sommermärchen“ 2015/16 hingegen, das heißt die millionenfache Masseneinwanderung in die Sozialsysteme, ist mittelfristig der sichere Tod des Sozialstaates. Wenn überhaupt, dann funktioniert ein Sozialstaat nur auf Basis eines halbwegs ausgewogenen Verhältnisses von Beitragszahlern und Nettoempfängern. Unbegrenzte Einwanderung in die Sozialsysteme hingegen bringt dieses Verhältnis relativ schnell zum Kippen und der Sozialstaat wird zur hungrigen Hyäne, die gerade für kleine Einkommen immer mehr zur Last wird und den wirklich Bedürftigen nicht mehr hilft. Dies bekommen einkommensschwache Bevölkerungsgruppen besonders zu spüren.

2.) Liberale oder auch libertäre Gesellschaftskonzepte, die auf Selbstverantwortung und Autonomie basieren, werden tatsächlich niemals breite Massen ansprechen. Selbst ein Guido Westerwelle, der in seiner besten Zeit mit der Strategie 18 größere Wählergruppen für eine liberale Politik begeistern konnte, scheiterte. (Die Frage, ob die FDP wirklich jemals liberal war, sei an dieser Stelle dahingestellt.)

3.) Die negativen Auswirkungen der unkontrollierten Massenmigration betreffen das grün-linke Bürgertum nur am Rande. Insofern ist in diesen Kreisen das Verständnis für die Notwendigkeit einer patriotischen Politik eher gering. Hingegen erleben einkommensschwache Bevölkerungsgruppen tagtäglich am eigenen Leib, was es heißt, als Deutscher im direkten Wohnumfeld oder in der Schule eine Minderheit zu sein.

In Kombination mit der zunehmenden sozialen Stigmatisierung der AfD und ihrer Anhänger, als auch der offensichtlichen Logik des Ansatzes von Benedikt Kaiser, besteht durchaus für die nächsten Jahre die Möglichkeit, dass sich dieser „solidarisch-patriotische“ Ansatz durchsetzen wird. Aufgrund des steigenden Drucks durch das Establishment, als auch der innerparteilichen Segregation, würde die AfD dann im wahrsten Sinne des Wortes zur Volkspartei. Was ihre soziale Stigmatisierung anbelangt, vielleicht vergleichbar mit der Sozialdemokratie im Kaiserreich.

Was hierbei verlorenginge wäre jedoch nicht nur der Charme der einstigen „Professorenpartei“. Das ist geschenkt. Sondern vor allem der integrative Aspekt einer echten Volkspartei, der es gelingt, ähnlich der alten CDU vor Merkel, durchaus konträre Positionen in einer Partei zu einer pluralistisch-gemeinsamen Stimme zu vereinen. Das Projekt der Mosaikrechten wäre damit aufgekündigt und die Frage nach einer parlamentarischen Vertretung für die liberal-patriotische-christliche Opposition würde sich neu stellen.

Gleichzeitig muss man sehen, dass solch eine Entwicklung für den politisch-medialen Mainstream, der gerade dabei ist, auch CDU und FDP unter „Rechts“-Verdacht zu stellen, ein gefundenes Fressen wäre. Die schön gewählten Worte „patriotisch“ und „solidarisch“ lassen sich leicht durch zwei andere ersetzen, die den üblichen, medial inszenierten „historischen“ Brückenschlag offensichtlich werden lassen.

Die mediale Show, das tagtägliche Aufgeilen an einer Wiederkehr des historisch Bösen, würde dann erst recht warmlaufen und die gesellschaftliche Spaltung sich weiter verhärten. Fast hört man es schon, wie der Kommentator des öffentlich-rechtlichen Senders schaurig-genussvoll seufzt: „Sie sind wieder da!“ Die Demokratieinszenierung hätte dann ein verschärftes Showelement mehr. Das auf diesem Weg eine wirkliche Umkehr der fatalen politischen Entwicklungen erfolgt, ist jedoch eher unwahrscheinlich. Vielmehr würde das mediale Hamsterrad erst recht warmlaufen.

Die richtige Antwort auf ein zur medialen Inszenierung verkommenes politisches System sieht jedoch anders aus und braucht eine breite Basis in allen gesellschaftlichen Schichten. Inwieweit dies noch gelingen kann, steht natürlich ebenfalls in den Sternen.

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